Geschichte des Vereins für Jugendhilfe e. V., Aachen

Ende der Siebziger/Anfang der Achtziger Jahre machte sich unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Stadtjugendamtes Aachen Unzufriedenheit breit, da sowohl die Verwaltungsfachkräfte als auch die sozialpädagogischen Kräfte immer wieder an Grenzen stießen, wo es nicht gelang, finanzielle und persönliche Hilfen zu leisten, die als notwendig und sinnvoll angesehen wurden. Dies führte dazu, dass sich ca. 30 MitarbeiterInnen zusammen setzten und zu dem Entschluss kamen, einen gemeinnützigen Verein zu gründen, der in der Lage war, Geldbußen zu erhalten. Dieser Verein sollte auch als freier Träger der Jugendhilfe institutionalisiert und anerkannt werden. Die Anerkennung erfolgte dann in den nächsten Schritten durch Gewährung der Gemeinnützigkeit durch das zuständige Finanzamt und die Anerkennung als freier Träger der Jugendhilfe durch den damals noch so benannten Jugendwohlfahrtsausschuss des Stadtjugendamtes Aachen.

 

Zunächst schloss sich der Verein dem paritätischen Wohlfahrtsverband als Spitzenverband an. Da sich jedoch im Laufe der Jahre herausstellte, dass die dort zu zahlenden Mitgliedsbeiträge in keinem Verhältnis dazu standen, wie der Verein für Jugendhilfe e. V. von diesem Dachverband profitieren konnte, wurde die Mitgliedschaft 2001 beendet. Seitdem ist der Verein ein selbstständiger freier Träger der Jugendhilfe ohne einem Dachverband anzugehören.

 

In der Anfangsphase des Vereins bestand das „komplette Büro aus der Aktentasche des Kassierers“. Da die Inanspruchnahme der Hilfen insbesondere der Betreuungsweisungen bzw. Betreuungen durch die allgemeine Jugendhilfe ständig zunahm, erkannten auch Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte, wie sinnvoll diese Hilfen in der allgemeinen Jugendhilfe, aber auch im Bereich der Jugendstrafgerichtsbarkeit waren, so dass sie immer mehr bereit waren, den Verein mit Geldbußen zu bedenken.

 

Dies führte schon bald dazu, das es notwendig wurde, Räumlichkeiten anzumieten, um zum einen ein Büro

zur Verfügung zu haben, zum anderen aber auch eine Räumlichkeit, um sich mit den Betreuungshelfern zu treffen und eine geplante Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien in den späten Nachmittgs- und frühen Abendstunden zu etablieren.

 

Unser erstes Büro befand sich in der Düppelstraße in einem kleinen ehemaligen Geschäftsraum, der ausschließlich durch die Mitglieder des Vereins in einen Büro- und Versammlungsraum verwandelt wurde.

 

Die Beratungsstelle existierte allerdings nur ca. zweieinhalb Jahre. Dies lag zum einen daran, dass es immer schwieriger wurde, für jeden Nachmittag und frühen Abend zwei Fachleute des Jugendamtes aus der Mitgliedschaft zu gewinnen, die bereit waren, die Beratungsstelle zu besetzen und für diese Arbeit zur Verfügung zu stehen. Zum anderen mussten wir allerdings auch feststellen, dass diese Beratungsstelle nicht so angenommen wurde, wie wir uns das in unseren Plänen vorgestellt hatten.

 

Finanzielle Einzelfallhilfen und Betreuungen nahmen einen immer größeren Raum ein. Finanzielle Hilfen waren in den unterschiedlichsten Lebenslagen (siehe dort) möglich und wurden in einer damals für nicht möglich gehaltenen Art und Weise, was die Schnelligkeit der Bearbeitung und die Auszahlung des Geldes betraf, durchgeführt. Durch die unkonventionelle Art und die telefonischen Absprachen unter den Vorstandsmitgliedern lagen teilweise zwischen Antragstellung und Auszahlung nicht mehr als eine Stunde.

 

Nachdem die Beratungsstelle eingestellt und somit Räumlichkeiten dafür nicht mehr benötigt wurden, zog der Verein von der Düppelstraße zur Lousbergstraße in kleinere und finanziell günstigere Räume.

 

Die Verwaltung der Geldbußen und die Antragsbearbeitung im verwaltungstechnischen Bereich nahm Umfänge an, die durch die Mitglieder ausschließlich in deren Freizeit nicht mehr bewältigt werden konnten. So stellten wir eine Mitarbeiterin für Verwaltungs- Büro- und Buchhaltungstätigkeiten ein. Die Anstellung erfolgte in der Form, die damals als „geringfügig Beschäftigte“ bezeichnet wurde.


Da auch die grundsätzliche Bearbeitung von Anträgen und Durchführung von Betreuungen Umfänge annahm, die in der Freizeit von den Mitgliedern und Vorstandsmitgliedern nicht mehr geleistet werden konnten, entschloss sich der Vorstand im Jahre 2000 einen Geschäftsführer einzustellen, der den laufenden Geschäftsbetrieb bearbeiten und den Vorstand weitestgehend entlasten konnte.

 

Die finanzielle Situation des Vereins für Jugendhilfe e. V. stellte sich in den Anfangsjahren so dar, dass in den ersten 15 Jahren der Verein ausschließlich von den ihm zugewiesenen Geldbußen leben und arbeiten konnte. Immer jedoch war die finanzielle Situation äußerst angespannt, so dass Hilfen vorübergehend eingestellt oder ausgesetzt werden mussten. Danach bewilligte die Stadt Aachen dem Verein einen Zuschuss, der – zweckgebunden für Betreuungen – gewährt wurde. Dieser Zuschuss deckte, wenn man diesen Betrag über die Jahre hinweg betrachtet, etwas mehr als die Hälfte der Kosten, die für Betreuungen entstanden.

 

Dass es dem Verein für Jugendhilfe e. V. gelang, über 30 Jahre zu bestehen, ist in erster Linie Jugendrichter/innen, Jugendstaatsanwält/innen und anderen an der Jugendarbeit interessierten Juristen beim Aachener Amts- und Landgericht und der Staatsanwaltschaft Aachen zu verdanken, die den Verein immer wieder – aufgrund der von ihnen auch geschätzten Arbeit – finanziell durch die Zuwendung von Geldbußen unterstützen.